Bayern und Hessen klagen gegen den Länderfinanzausgleich / Billiges Wahlkampfmanöver zum Schaden Bayerns

15. Februar 2013

Warum überhaupt ein Länderfinanzausgleich? Im Grundgesetz, in Artikel 107 Abs. 2, ist bestimmt, dass bei der Verteilung der Steuern „...die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird...“ Das entsprechende Gesetz muss vom Bundestag beschlossen werden.

Es ist richtig: Bayern zahlt zu viel im Länderfinanzausgleich. Von den 7,9 Milliarden, die im Jahr 2012 flossen, zahlte der Freistaat allein 3,9 Milliarden, Baden-Württemberg 2,7 Mrd. und Hessen 1,3 Mrd. Die anderen 13 Länder waren Empfänger. Die Schieflage ist offensichtlich.

Aber: Diese Verteilung wurde 2001 von der CSU-Staatsregierung mit ausgehandelt und am 5. Juli 2001 vom Deutschen Bundestag beschlossen - mit Zustimmung aller CSU-Abgeordneten, darunter Ramsauer, Aigner, Hasselfeldt und Waigel. Der damalige Ministerpräsident Stoiber lobte die Neuordnung in den höchsten Tönen: „mehr Leistungsanreit und mehr Leistungsgerechtigkeit“, „alle Länder können mit dem Ergebnis höchst zufrieden sein“, „wir haben etwas bewegt“.

Jetzt klagt also die CSU gegen sich selber.

„Na gut“, werden viele sagen, „die sind halt jetzt schlauer geworden. Jetzt wollen sie ihren Fehler korrigieren.“ Dumm ist nur, dass sie jetzt einen noch schlimmeren Fehler machen. Nicht, weil sie niemand gewarnt hätte. Nein, nur aus billiger Wahlkampftaktik! Zum Schaden Bayerns.

Verfassungsklage: Sinnlos und mit hohen Risiken für Bayern.

Klar ist: Die jetzige Verteilung muss korrigiert werden. Die von Bayern und Hessen beschlossene Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ist aber der falsche Weg! Sie ist ein billiges Wahlkampf­manöver, das nicht nur nichts bringt, sondern auch noch große Risiken für Bayern bringt.

Was passiert, wenn die Klage angenommen wird?

Der Länderfinanzausgleich ist eine politische Vereinbarung. Wenn das Bundesverfassungs­gericht also die Verfassungswidrigkeit der jetzigen Regelung feststellen würde, könnte es im besten Fall noch Anforderungen stellen (etwa die komplette Anrechnung der Kommunalfinanzen) - aushandeln müssten ihn aber wieder die Länder selbst. Wir wären also wieder genau so weit wie jetzt schon. Nur dass dann die Atmosphäre für Verhandlungen vergiftet ist und es viel schwerer wird, bayerische Interessen durchzusetzen.

Und wenn die Klage abgewiesen wird?

Dann könnten sich die Nehmerländer auf die Verfassungsmäßigkeit der jetzigen Verteilung berufen und die Verhandlungsposition Bayerns wäre noch schlechter. Verhandlungen mit den anderen Ländern jetzt oder 2019 (wenn der Länderfinanzausgleich ausläuft) wären schwerer.
Die Klage kann sogar zum Bumerang werden: In Artikel 107 Abs. 2 GG steht nämlich auch „...hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen.“ Das Verfassungsgericht könnte urteilen, dass die kommunalen Steuereinnahmen komplett in den Länderfinanzausgleich einzubeziehen sind, um die Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse zu berechnen. Da wir viele finanzstarke Gemeinden haben, müsste Bayern dann noch viel mehr zahlen.
Viele Verfassungsexperten raten deshalb von einer Klage ab und selbst andere CDU-Minister­präsidenten habe die Klage schon als Quatsch abgetan. Aber die führen gerade nicht Wahlkampf.

Übrigens: Pro Kopf zahlt Baden-Württemberg fast so viel in den Finanzausgleich wie Bayern, hat aber in seiner ganzen Geschichte noch keinen Cent erhalten - Bayern war 35 Jahre Nehmerland. Baden-Württemberg klagt aber nicht - der dortigen Regierung geht es eben um die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, nicht um die Wahlkampfinteressen einer Partei.

Was will die BayernSPD?

Auch wir sind der Meinung, der Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form ist ungerecht und übervorteilt Länder wie Bayern. Das sagen wir schon seit 11 Jahren, seit Edmund Stoiber diese ungerechte Verteilung federführend mit ausgehandelt und als grandiosen Erfolg verkauft hat. Wir fordern eine Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs im Paket mit dem Solidarpakt, die beide 2019 auslaufen. Wenn mehr auf dem Tisch liegt, kann man auch besser verhandeln. Dafür brauchen wir eine Föderalismuskommission III.

Konkret fordern wir:

  • Wir brauchen bessere Anreize für die Länder, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Im Moment ist es doch so: Wenn ein Land mehr Steuerfahnder einstellt, so muss das Land die Gehälter zahlen, die Mehreinnahmen kommen aber großenteils dem Bund zugute. Wir brauchen also ein verbessertes Prämiensystem, das überdurchschnittliche Einnahmenzugewinne belohnt. Mehr Finanzbeamte in Bayern würden für höhere Steuereinnahmen von Großunternehmen sorgen, die bei uns nur alle 10 - 15 Jahre überprüft werden. Die Personalkosten für neue Beamte müssen aber in Zukunft mit den Einnahmen verrechnet werden, wenn die Finanzkraft eines Bundes­landes ermittelt wird.

  • Die SPD fordert vom Bund mehr Zuschüsse für Bildung und Wissenschaft - Bereiche, in die in Bayern überdurchschnittlich viel investiert wird.

  • Der Solidarpakt muss neu verhandelt werden. Es war gut und richtig, nach der Wiedervereini­gung die völlig marode Infrastruktur der ostdeutschen Länder wieder aufzubauen. Es gibt aber mittlerweile in den alten Bundesländern, auch in Bayern, Regionen, die mindestens so struktur­schwach sind wie in Ostdeutschland. Das Geld muss dahin, wo Not am Mann ist!

Und die CSU?

Für die CSU geht es nicht um bayerische Steuergelder. Es geht darum, Vorurteile zu schüren, sich als einzigen „Verteidiger“ Bayerns darzustellen und nicht vorhandene Finanzkompetenz vorzutäuschen.

Billige Polemik: Zahlen wir Bayern wirklich für den Berliner Flughafen?

Das ist einfach Quatsch. Der Länderfinanzausgleich soll die stark unterschiedlichen Steuereinnahmen in den verschiedenen Ländern etwas ausgleichen. Mit den Ausgaben hat das nichts zu tun. Was die Länder mit ihren Einnahmen machen, ist ihre Sache. Ob in Berlin ein Flughafen gebaut wird oder die Kinderbetreuung kostenlos ist, in Bayern Studiengebühren erhoben werden, in Rheinland-Pfalz genügend Ganztagsschulen vorhanden sind und Hessen Schulden macht, spielt dabei keine Rolle. Der Ausgleich soll die im Grundgesetz festgeschriebene Angleichung der Lebensverhältnisse dadurch erreichen, dass für alle Bürgerinnen und Bürger annähernd gleich viel Geld zur Verfügung steht. Die dummen Stammtischparolen der CSU sind schlichtweg unsinnig. Sie sollen darüber hinwegtäuschen, dass die CSU bislang noch kein Reformkonzept vorliegen hat.

Teilen