Es war ein harter Wahlkampf und am Ende gab es eine kleine Sensation: Stefan Hemmerich (SPD) ist nach 18 Jahren CSU-Regierung neuer Bürgermeister der Gemeinde Reichenberg. Amtsinhaber Karl Hügelschäffer ist geschlagen.
Reichenberg, Rathaus, 18.20 Uhr: Stefan Hemmerich wartet auf das Ergebnis. Er wirkt angespannt, sieht blass aus. „Die letzten 20 Minuten waren die Hölle“, erzählt er. Seine Stimme zittert. Den Tag habe er mit der Familie eigentlich ganz entspannt im Garten verbracht. Aber jetzt steigt die Aufregung.
Auch die vergangenen zwei Wochen seien ein Kraftakt gewesen, sagt Hemmerich, der Neuling in der Reichenberger Kommunalpolitik. Viele Termine und eine große, gut besuchte Wahlveranstaltung in der Wolffskeelhalle standen an. Hemmerich spricht vorsichtig von Unstimmigkeiten, aber persönlich sei es nie geworden. Immerhin hatte die CSU auf ihrer Homepage die Bürger gefragt, ob sie von „Vereinsmeiern“ regiert werden wollten.
Das habe in Reichenberg für einige Wallungen gesorgt, sagt Hemmerich. Und ihm als Vorsitzenden des TSV, dem größten Verein im Ort, womöglich noch die eine oder andere Stimme gebracht.
Derweil arbeiten Wahlleiter Reinhold Wallrapp und sein Team fieberhaft an der Auszählung. Die sei bei einer Stichwahl relativ einfach, sagt der erfahrene Geschäftsleiter der Gemeinde. Und so steht auch gegen 18.45 Uhr das vorläufige amtliche Ergebnis fest: Stefan Hemmerich ist neuer Rathauschef. Mit knapp 55 Prozent schlug er Amtsinhaber Karl Hügelschäffer.
Der 43jährige Familienvater ist überwältigt, kann es kaum fassen. „Hoffnung hatte ich mir schon gemacht, aber wirklich damit gerechnet habe ich nicht“, gibt er zu. Doch im Kopf fange es schon an zu rattern, was jetzt alles zu erledigen ist.
Derweil trifft Parteifreund Gerhard Hartmann ein. „Das ist ein guter Tag für Reichenberg und die Reichenberger SPD“, erklärt er. Dass Hemmerich als Quereinsteiger ein so deutliches Ergebnis einfährt, spreche für ihn und seine menschliche Art, „sollte aber den Amtsinhaber auch ein bisschen nachdenklich machen“, so Hartmann.
Erst nach 19 Uhr erscheint Karl Hügelschäffer sichtlich enttäuscht und mitgenommen. Seinem Gegenspieler schüttelt er die Hand und wünscht ihm Glück, zum Wohle des Marktes Reichenberg. „Der Wähler hat entschieden, ich akzeptiere das. Nun beginnt eine neue Ära in Reichenberg“, kommentiert er seine Niederlage.
Seinem Nachfolger überlasse er ein gut bestelltes Haus und: „Ich bin stolz auf das, was ich erreicht habe.“ Überrascht sei er dennoch vom Wahlergebnis. Hügelschäffer hatte vor 18 Jahren den vorher ebenfalls 18 Jahre lang amtierenden SPD-Bürgermeister Walter Dosch genauso überraschend abgelöst.
Draußen auf dem Rathausplatz warten inzwischen zahlreiche Menschen. Sie applaudieren und wünschen dem neuen Rathauschef viel Kraft, Erfolg und eine gute Hand.
Quelle: Main-Post